Am 11. Januar 2019 feierte die Emanuel Lasker Gesellschaft (ELG) mit zahlreichen Gästen ihren 18. Geburtstag mit einem Kulturabend in der Rosa-Luxemburg-Lounge im ND-Gebäude. Stargast des Abends war der Internationale Großmeister Artur Jussupow, der als Spieler und Trainer herausragende Erfolge aufzuweisen hat und seit kurzem auch Ehrenmitglied der ELG ist. Im Gespräch mit Paul Werner Wagner berichtete er über den Einfluss von Lasker auf das russische Schach.
Vor dem Gespräch ließ das Vorstandsmitglied Thomas Weischede die ersten 18 Jahre der ELG Revue passieren.
Diese 18 Jahre haben mit dem weltweit gefeierten Laskerjahr 2018, dem 150 Geburtsjahr von Lasker, einen besonderen Höhepunkt erreicht. Von der Gründung der ELG anlässlich des 60. Todestages von Lasker auf der Internationalen Laskerkonferenz am 11. Januar 2001 in Potsdam bis heute gab es aber viele Höhepunkte, zu denen u.a. die Herausgabe der deutschsprachigen Laskermonografie in 2009, der Besuch der Philidoroper in Bamberg in 2004, die Ausstellungen zu Schach und Politik im Haus der Deutschen Geschichte in Bonn in 2007, die vielen Ausstellungen und Kulturabende im Dorlandhaus am Leuschnerdamm von 2006 bis 2010, die Laskerwochenenden von 2011 bis 2013, die zahlreichen Gespräche mit Schachlegenden wie Wolfgang Unzicker, Lothar Schmid, Andor Lilienthal, Rudolf Teschner u.v.m. sowie die Unterstützung der neuen Laskertrilogie, deren erster Band 2018 erschienen ist, gehören. Als besondere Ereignisse im Laskerjahr waren die Ehrungen hervorzuheben, die mit den Vergaben der acht Laskertrophäen für besondere Dienste um die Förderung des Schachs als Kultur- und Bildungsgut verbunden waren. Diese Ehrungen wurden an die Schachstiftung GK gGmbH, das kulturelle Schachmagazin KARL, an ChessBase, an die Münchner Kinderschachstiftung, an das Schachdorf Ströbeck, an GM Siebrecht für das Projekt „Faszination Schach“, an die Herausgeber der neuen Laskertrilogie (Dr. Michael Negele, Richard Forster und Raj Tischbierek) und den Deutschen Schachbund (DSB) verliehen.
Daneben wurden noch im Gedenken an das 2016 verstorbene Ehrenmitglied Viktor Kortschnoi acht Viktor 2018 für besondere schachsportliche Leistungen vergeben. Zu den Geehrten gehören die Sieger der von der ELG neu initiierten Schachmeisterschaften für MINT-Berufe (Sieger Dr. Stefan Walter) und für Künstler, Kunsthistoriker, Journalisten und Verleger (Sieger Dr. Joachim Wintzer), der Sieger des GM Turniers in Baden-Baden (GM Fabiano Caruana), der Sieger des GM-Turniers in Dortmund (GM Jan Nepomnjaschtschi), der Deutsche Meister der Männer 2018 (GM Rainer Buhmann), die Siegerin des German Masters der Frauen (Fiona Sieber) und der Elo-beste Spieler der Bundesligasaison 2017/1018 (Luke McShane).
Ferner hat die ELG im Laskerjahr noch einen Karikaturwettbewerb ausgelobt, den Frank Stiefel mit seiner Laskerkarikatur gewonnen hat. Diese Karikatur ist Teil eines Kartenspiels, das Portraits zahlreicher Schachgrößen enthält. Die Plätze 2 und 3 belegten Karikaturen von Matthias und Matilda Weischede sowie von Wolfgang Günzel.
Thomas Weischede gratulierte im Namen der ELG den Preisträgern und wies darauf hin, dass die im Laskerjahr begründeten Initiativen künftig fortgeführt werden sollen. Er wies darauf hin, dass die ELG kein Schachverein, sondern ein Kulturverein sei, der sich für die Verbreitung der Werte einsetzt, die mit dem Schach verbunden seien. Dazu gehört neben der Förderung des Denkens auch das Reifen und Schulen des eigenen Charakters, was gerade in den heutigen Zeiten von besonderer Bedeutung sei. In diesem Sinne trete die ELG auch für die Werte Toleranz und Zivilcourage ein und habe sich entschlossen, im Laskerjahr die Projekte von House of One und GesichtZeigen zu unterstützen.
Im begeistert aufgenommenen Gespräch mit Artur Jussupow ließ Paul Werner Wagner sodann Laskers Triumphe in Turnieren in Russland Revue passieren. Artur Jussupow zeigte sich als großer Fan Laskers, dessen Einfluss auf die Entwicklung des Russischen Schachs enorm war, nahm Lasker doch von 1895 bis 1936 an fast allen bedeutsamen Turnieren in Russland teil und lebte selbst von 1935 bis 1937 in Moskau auf seiner Flucht vor dem Nazi-Regime in Deutschland. In Moskau lehrte Lasker Schach und Mathematik und warb stets dafür, in beiden Bereichen frei von Dogmen den eigenen Verstand zu nutzen.
Artur Jussupow schilderte in der für ihn typischen bescheidenen und offenen Art anhand praktischer Beispiele, welchen starken Einfluss Laskers kämpferischer und pragmatischer Spielstil auf die folgenden Generationen russischer Spieler ausgeübt hat, die dann nach dem 2. Weltkrieg für viele Jahrzehnte das Weltschach dominiert haben. Wie modern diese Laskersche Spielweise war, zeigt sich daran, dass im heutigen Computerzeitalter oft auf Eröffnungen zurückgegriffen wird, die Lasker damals gespielt und mitgeprägt hat.
Im Anschluss wurde noch der Film Schachfieber von 1925 gezeigt, dessen Handlung rund um das GM Turnier in Moskau von 1925 rankt.
Sodann ergab sich im Get-Together ein reger Austausch, der wie so oft der Erinnerung an vergangene Veranstaltungen und der Initiierung neuer Projekte gewidmet war.
Am 12. Januar 2019 gab Artur Jussupow sodann noch ein Simultan in den Räumen (7xjung – Lernort von GesichtZeigen am S-Bahnhof Bellevue) unseres Projektpartners GesichtZeigen eV. Die Gegner bestanden überwiegend aus der Schach AG der Rudolf Steiner Schule Berlin. Alle Gegner schlugen sich tapfer, mussten sich aber allesamt (noch) der Erfahrung des Großmeisters beugen.
Mit dem Simultan unterstützte die ELG die Ziele von GesichtZeigen, die für ein tolerantes Miteinander und gegen politisch oder rassistisch motivierte Gewalt und für bürgerliche Zivilcourage zur Stärkung der Demokratie eintreten. Zum Jubiläumsjahr 100 Jahre Weimarer Reichsverfassung wurde u.a. das Projekt „Die Menschenwürde ist unantastbar“ initiiert. Mehr zu GesichtZeigen findet sich auf der Homepage www.gesichtzeigen.de.
Zum Abschluss der Simultanveranstaltung bedankte sich Thomas Weischede bei Artur Jussuopow und allen Teilnehmern dafür, dass sie mit dieser Aktion Gesicht gezeigt haben, denn auch beim Schach würden Herkunft, Alter, Geschlecht, Religion, Nationalität u.a.m. keine Rolle spielen. Passend zu den ambitionierten und wichtigen Zielen von GesichtZeigen würde daher das Motto des Weltschachbundes FIDE auch lauten „Gens una summus“ – Wir sind eine Familie!