Stellungnahme der ELG zum Konflikt FIDE – Freestyle Chess – Ein Appell für den freien Wettbewerb

Schach ist ein zeitloses Spiel für alle und jeden. Wer es erfunden hat, ist bis heute unbekannt. Als internationales Kulturgut gehört es seit vielen Jahrhunderten zum gemeinsamen Welterbe aller Menschen. Im Laufe seiner langen Geschichte hat es immer wieder Veränderungen erfahren, was das Spiel stets dynamischer für die Spieler und attraktiver für das Publikum gemacht hat. So feiert die Schachwelt z.B. in diesem Jahr in Valencia den 550-sten Jahrestag des Wandels des vormaligen Wesirs zur Dame, der seitdem stärksten Figur auf dem Brett. Wer käme auf die Idee, daraus einen Anspruch herzuleiten, dass damit die Entwicklung des Schachs sein Ende gefunden habe und neue Spielformen unterbunden oder behindert werden sollten. Genau diesen Eindruck vermittelt das Verhalten der FIDE im Ergebnis, ungeachtet aller rhetorischen Bemühungen und ehrenwerten Absichten, die die FIDE für ihre Ansichten ins Feld führen kann. Dabei scheint allzu leicht in Vergessenheit zu geraten, dass das Schach so viele Facetten birgt, dass es jeder auch außerhalb einer von der FIDE organisierten Schachszene nach seiner Fasson spielen können und genießen sollte. Denn Schach ist vor allem für die Spieler da, nicht umgekehrt. Die vielen privaten Schach-Communities im Internet belegen dies eindrucksvoll, weil dort jeder mit jedem jederzeit in allen Formaten um jeden selbst ernannten Titel spielen kann. Ob dieser Titel dann „Weltmeister“ lautet oder nicht und dies dem Event gerecht wird, mag dabei das geneigte Publikum selbst beurteilen. Wer könnte daran jedoch beim Freestyle Chess Grand Slam angesichts der Besetzung des Teilnehmerfeldes Zweifel haben? Schach gehört deswegen auch niemanden, weder der FIDE noch den Schachweltmeistern noch irgendeiner Internetplattform und dies ist gut so.

Mit großer Sorge beobachtet die ELG daher den aktuellen Konflikt um Freestyle Chess und hofft, dass es doch noch zu einer gütlichen Einigung mit dem Ergebnis einer freien Entfaltung des Freestyle Chess kommen möge. ChessBase hat dabei umfänglich über den teilweise öffentlichen Diskurs berichtet. Inzwischen gibt es auch eine Presseerklärung von Freestyle Chess, die im Ergebnis auf eine gedeihliche Lösung im Interesse des Schachs und der Spieler abzielt und damit nur begrüßt werden kann. So verdienstvoll die Aktivitäten der FIDE, die im letzten Jahr ihr 100-jähriges Bestehen gefeiert hat, auch sein mögen, sollte dort die Erkenntnis reifen, dass stets Raum für Neues bleiben muss. Gerade im digitalen Zeitalter mit neuen Medien, neuen Optionen dank künstlicher Intelligenz oder neuen Vernetzungsmöglichkeiten übers Schach in all seinen Formen ist es nicht mehr zeitgemäß, auf Statuten und Formate zu pochen, die sich seit den Zeiten von Lasker kaum verändert haben. Da jeder Wettbewerb die FIDE letztlich nur noch besser machen kann, täte ein bisschen mehr Gelassenheit und Mut zur Entwicklung gut.

Thomas Weischede, Vorstand ELG

Berlin, im Februar 2025