100 Jahre WM 1921

Vor 100 Jahren spielte Lasker seinen letzten WM-Kampf. Herausforderer war Capablanca, der es vom Schachwunderkind zum Weltmeisteranwärter gebracht hatte. Schon im bedeutenden Turnier von St. Petersburg 1914 galt Capablanca als bester Spieler, konnte von Lasker in einem bravourösen Endspurt in der Endrunde des Turniers aber noch überholt werden. Der 1. Weltkrieg verhinderte dann den schon geplanten WM-Kampf, der schließlich 1921 in Kuba stattfand. Lasker war dort – aus welchen Gründen auch immer – nicht in Form und gab nach 14 Partien auf. Zu dem Zeitpunkt hatte er schon vier Partien verloren. Alle übrigen Partien endeten Remis. Damit war die Ära von Lasker aber noch lange nicht vorbei, spielte er doch noch weitere 15 Jahre auf höchstem Niveau mit den Spielern der alten und neuen Weltelite. Erst mit dem Turnier in Moskau 1936 endete seine Sportkariere, die 1889 begonnen hatte. Obwohl Lasker das bedeutende Turnier von New York 1924 vor Capablanca gewann, gab ihm dieser nie mehr eine Chance auf ein Revanchematch. Dennoch bleibt der Erfolg Laskers unerreicht, war er doch von 1894 bis 1921 für 27 lange Jahre unangefochtener Schachweltmeister.

In der Presse wird das Jubiläum von 1921 durchaus gewürdigt, wie zum Beispiel ein Bericht in der Märkischen Allgemeine Zeitung zeigt, mag dieses Match für Lasker selbst auch eher „bitter“ verlaufen sein.

Die Partien aus New York von 1924 zeigen, welches Niveau 1921 möglich gewesen wäre, wären beide Spieler in Höchstform gewesen. Da Schach aber eben auch Sport ist, entscheidet nicht nur das bessere Schachverständnis oder intellektuelle Denkvermögen allein über den Erfolg, sondern auch die physische Fitness. 1921 konnte Lasker insofern nicht mit Capablanca mithalten.

In der 14. und letzten Partie der WM 1921 beging Lasker in Zeitnot einen relativ einfachen Fehler, nachdem er seinen jungen Herausforderer in der Eröffnung überspielt hatte. Lasker verlor die Partie und gab zugleich den ganzen Wettkampf auf. Derart enttäuschend endete der WM-Kampf wohl für beide Spieler, denn auch Capablanca wollte sicher nicht auf diese Weise gewinnen. Für den Kämpfer Lasker mag dies nur Ansporn gewesen sein, in den nächsten 15 Jahren wieder zur alten Form zurückzufinden. So paradox es daher auch klingen mag – ohne den desaströsen Verlauf dieser WM hätte es den fulminanten „Herbst“ des Ex-Weltmeisters ab 1921 möglicherweise nie gegeben. Alter Löwe beißt noch, pflegt unser Ehrenmitglied Vlastimil Hort in solchen Situationen anzumerken – Recht hat er. 1921 war zwar das Ende der Weltmeisterära, aber zugleich die Wiedergeburt des Turnierspielers Lasker. Trotzdem ist es aller Ehren und Gedenken wert, auch das Ende dieser Weltmeisterära nach 100 Jahren zu würdigen. 27 Jahre Schachweltmeister dürfte ein Rekord für die Ewigkeit bleiben.

Berlin, im April 2021

Thomas Weischede,

Vorstandsvorsitzender der ELG