Der Name des bisher einzigen deutschen Schachweltmeisters Emanuel Lasker ist eng mit dem Ort Thyrow verbunden. Lasker verbrachte hier mit seiner Frau von 1923 bis 1933 in einem eigenwillig strukturierten Sommerhaus (deshalb wohl „Villa Schmetterling“ genannt) einen Teil seines Lebens, auch um der Hitze der Großstadt Berlin zu entfliehen. Die Emanuel-Lasker-Gesellschaft als auch die damalige Thyrower Bürgermeisterin Gertrud Klatt kämpften jahrelang um den Erhalt des Hauses, das seit 1992 leer stand. Doch da das baufällige Gebäude nicht unter Denkmalschutz gestellt wurde, fehlten die Fördermittel, um es zu erhalten. Als ich im Oktober 2020 das Haus aufsuchen wollte, stand es bereits nicht mehr. Wahrscheinlich wurde es etwa 2018 abgerissen.
Während Laskers Sommerhaus seit einigen Jahren Geschichte ist, lebt das Andenken an den ewigen Weltmeister (27 Jahre lang!) in einem Schachturnier weiter fort. Der Ludwigsfelder SC als auch der SC „Hans Clauert“ Trebbin erinnerten am vergangenen Sonnabend (6. Juli) zum 27. Mal mit einem Schnellschachturnier in der Thyrower „Kulturscheune“ an Emanuel Lasker. Zur Eröffnung waren neben Klatt, die danach auch die Bewirtung übernahm, auch der Vorsitzende der Emanuel-Lasker-Gesellschaft, Thomas Weischede, anwesend. Weischede hatte extra für diese Auflage des Turniers für jeden Teilnehmer Tassen mit dem Konterfei Laskers anfertigen lassen.
Zum Turnier selbst waren diesmal nicht sehr viele Spieler angereist, die maximal mögliche Zahl von 80 wurde bei Weitem nicht erreicht. Lag es an der Fußball-EM-Müdigkeit nach dem Ausscheiden Deutschlands am Tag zuvor? Oder schreckten die angesagten 31 Grad nach den etwas kühleren Tagen die Schachspieler ab?
Zu allem Überfluss versagte nach der ersten Runde auch noch die Technik. Turnierleiter René Schilling kam aufgelöst in meine Richtung auf den Innenhof gelaufen. Da ich dachte, es ginge um einen Streitfall, zeigte ich auf den neben mir sitzenden Kai-Uwe Melchert, Landesspielleiter des Berliner Schachverbandes und Nationaler Schiedsrichter. Doch es ging um Schillings Laptop, der sich mit einer Schutzverletzung im Paarungsprogramm verabschiedet hatte. Melchert ging sofort mit und beide versuchten wenigstens erstmal per Hand nach einer längeren Unterbrechung eine zweite Runde starten zu können. Wegen dieses technischen Problems wurde das Turnier auch gleich von 9 auf 7 Runden verkürzt – ein Umstand, der mir später zu Gute kam, denn nach sieben Runden stand ich unangefochten auf Platz eins! Und das obwohl ich die handgepaarte zweite Runde gegen Kai-Uwe Melchert verloren hatte.
Matthias Schöwel, den ich wie Melchert schon seit den 1980er Jahren kenne, feierte meinen Turniersieg anschließend als den größten Erfolg meiner schachlichen Laufbahn. Ich schränkte aber gleich ein, das ich den Sieg beim Gillette-Open 2000 noch etwas höher einordne. Aber 24 Jahre auf den nächsten großen Open-Sieg warten, ist eine ganz schön lange Zeit.
Berlin, im Juli 2024
Frank Hoppe, Deutscher Schachbund
(Fotos: Frank Hoppe)